20.01.08 - Beate Bittler - Antwort an Frau Rünz
********************************************
Ich zeige keine Egalität,

......denn wenn dem so wäre, würde ich mich mit dieser Thematik nicht unbedingt beschäftigen, da es mich familiär nicht direkt betrifft. Ich könnte mich zurücklehnen und den Dingen ihren Lauf lassen *schmunzelt*. Ich würde es tolerieren, dass für eine Gruppe eigenständiger Menschen Nachteile entstehen können, da ich den Kompromiss "Standort Grundschule" akzeptiere, der weit weniger Kosten verursachen würde, als die Entstehung des Kinderhauses am "Standort Kindergarten".
Ich würde tolerieren, dass im Rahmen eines Bauvorhabens eine natürliche freie offene Bewegungslandschaft durch einen ebenen betonierten Platz ersetzt wird. Auch erscheint es mir widersinnig, dass dann wiederum Bewegungs- und Erlebnisräume geschaffen werden, die eine natürliche Bewegungslandschaft imitieren.
In diesen Räumen könnten dann z.B. mit einer an einer Sprossenwand eingehängten Langbank Abhänge / Hanglage simuliert werden um die Erfahr- und Erfassbarkeit der Schräge zu ermöglichen, oder, mit Weichbodenmatten und Taststraßen Bodenunebenheiten zu schaffen, die einem natürlichem Bewegen auf Gras oder Waldboden nahe kommen.
Ich denke ich muss nicht unbedingt ausführen, wie wichtig diese Erfahrungen für die kindliche Entwicklung sind (Veränderung im Bereich der Raum-Lage-Wahrnehmung, Förderung von Handlungkompetenz, Schulung des Gleichgewichts, …).

Interessierten Eltern und anderen Erwachsenen eine kleine Literaturempfehlung:
- Jean Ayres "Bausteine der kindlichen Entwicklung"
- Maria Miesler "Das bin ich"
- Maria Miesler "Wir lernen denken"

Für die Hüffenhardter Grundschüler sind wiederum solche Bewegungs- und Erlebnisräume sinnhaft und wertvoll, da sie ja leider nur den betonierten Schulhof haben. Auch ist, anhand des oben erwähnten Beispiels die Schräge im Rahmen von "bewegtem Lernen" zu erleben, die Möglichkeit einer ganzheitlichen Erfahrbarkeit von geometrischen Formen gegeben. Das Bewegen auf unebenem Untergrund schafft eine selektive Wahrnehmung von Körperreizen und schult enorm die Konzentrationsfähigkeit. Dies waren nur 2 Beispiele von sehr vielen Möglichkeiten.

Auch hier eine Empfehlung: "Bewegte Grundschule"

Also ich toleriere nicht nur, sondern ich akzeptiere und respektiere:

das Recht auf körperliche, geistige und seelische Entwicklung von Kindern in einem adäquaten räumlichen, geistigen und sozialen Umfeld.

Sehr geehrte Frau Rünz,

wie Sie sicherlich oben ersehen können, geht es mir um das räumliche Umfeld und die damit verbundenen Einschränkungen für die Kinder im Alter von 3 - 6 Jahren.
Sicherlich kann man alles koordinieren, selbst den Aufenthalt im Freien. Mann kann einen Tagesplan erstellen, wer wann das Außengelände nutzen darf und wer wann nicht.
Manchmal ist es einfach unumgänglich solche Pläne zu erstellen, da es keine anderen Umgebungen gibt auf die man ausweichen kann. Dies ist vermehrt in Städten der Fall, da hier ein Ballungsraum besteht.
Doch selbst hier bzw. gerade in großen Städten bestehen Bestrebungen Grünflächen und Freiräume zu schaffen (gerade für und wegen Kinder).
Wir, die wir jedoch diese Freiräume haben, gehen den umgekehrten Weg. Das ist für mich doch etwas unverständlich.

Weiterhin stellen sich für mich noch folgenden Fragen:

Was geschieht, wenn gerade auch durch das Kinderhaus unsere Ortschaft so sehr an Attraktivität gewinnt, dass viele junge Familien sich für Hüffenhardt entscheiden?
Wenn dadurch sich die Anzahl der Kinder erhöht und der Klassenteiler erreicht wird?
Müssen dann die Bewegungsräume zugunsten von Klassenzimmern gestrichen werden?
Baut dann der Kindergarten an oder muss er dann Gruppen auslagern (vielleicht sogar in den nun sanierungsbedürftigen Kindergarten)?
Oder gibt es einen Anbau an der Grundschule?
Oder ausgelagerte Klassenzimmer?
Und wenn Anbau, wohin?

Gewiss ist das ein im Moment nicht vorstellbares Szenario, doch ich denke, dass weder Sie noch Frau Ziegler noch Herr Herberich hierfür die Garantie übernehmen können, dass dies nie der Fall sein wird.

Ich bedanke mich für ihre Offenheit und Bereitschaft alle interessierten über die pädagogische Konzeption zu informieren, doch da ich die Grundintension eines Kinderhauses kenne, denke ich, dass wir in pädagogischen Belangen und Inhalten einen Konsens haben.

Was ich nochmals betonen will ist, dass ich den Bau eines Kinderhauses befürworte, gerade auf Grund der pädagogischen Konzeption. Solche innovative Wege sind immer zu unterstützen. Doch sollten alle Voraussetzungen für alle Kinder vorhanden sein.
Dies scheint leider nicht der Fall zu sein, denn der Kindergarten tauscht "Freiland gegen Beton" ein, und somit wird ein Teilbereich der Möglichkeiten zur kindlichen Entwicklung eingeschränkt.

Mit freundlichen Grüßen
Beate Bittler