Sie sind hier: Beiträge
Zurück zu: Startseite
Allgemein: Sidemap Impressum

22.02.08 - Zum Konzept Hüffenhardt

Kritik der päd. >Konzeption< eines Bildungshauses

Gefunden auf www.hueffenhardt.de:
Folgende Vorteile haben für den Bau eines Kinderhauses direkt an der Schule den Ausschlag gegeben:

- Verzahnung der beiden Einrichtungen Tageseinrichtung für Kinder und Grundschule
- Kontinuierliche Kooperation Kindergarten - Grundschule in den Tagesablauf der beiden Einrichtungen eingebaut
- Gemeinsame pädagogische Arbeit von Lehrerinnen und Erzieherinnen über wichtige Entwicklungsjahre der Kinder hinaus
- Individuelle Förderung jeden Kindes nach persönlicher Entwicklung
- Schaffung einer zukunftsweisenden Einrichtung zur Bildung und Betreuung
- Sicherung beider Einrichtungen vor dem Hintergrund des demographischen Wandels
- Aktuell und besonders in der Zukunftsbetrachtung die wirtschaftlichere Lösung

Das Projekt in seiner Gesamtheit hat die volle Anerkennung durch das Landesjugendamt Baden-Württemberg; insbesondere wurde die fortschrittliche pädagogische Konzeption gelobt.

hier kündigt sich eine Erfolgsstory an.....

...... aber es ist ein Verwirrspiel:
Der Hüffenhardter Diskurs inkl. Bürgerbegehren um die Sanierung der bestehenden Einrichtung versus Neubau auf dem Schulhof der Grundschule kreist um finanzielle und formale Fragen. Worüber reden wir eigentlich? Zum einen über 0-6 jährige kleine Menschen in der Gemeinde, das sind laut hueffenhardt.de sage und schreibe 48 Kinder, laut KiTa-Angaben dann doch 75 Kinder. Im Konzept stehen 62 Kinder. Offenbar kommen hier Überhangskinder aus Nachbargemeinden und / oder Zugezogene hinzu. Wie sieht der realistische Bedarf in der Zukunft aus? Ist Hüffenhardt ein attraktives Zuzugsgebiet für junge Familien? Wirklich? Oder erzeugt die Anlage letztlich bei zurückgehenden Kinderzahlen eine beabsichtigte schrittweise Austrocknung von Einrichtungen in Nachbargemeinden und somit eine Art von Zentralisierung im Minimaßstab?
Nach dem Motto: Wer zuerst kommt kassiert, die anderen müssen folgen. Wir reden nicht über die 800 -1.000.000 € Neubaukosten, nicht über die Rechnereien im Hintergrund. Es geht allein um den sozialen Sinn dieser Investition und die Frage in was hier investiert wird.

1. Überlegungen zum pädagogischen Raum

Laut Grundriss gibt es folgende päd. Räume: ein Atelier, ein Rollenspiel und ein Ruheraum, ein Bewegungsraum, ein Bauraum ein Mehrzweckbereich, ein Foyer - zusammen rund 220 m2. Hinzu kommt im Bestand Grundschule ein Bäckereizimmer und eine Lehrwerkstatt mit zus. 54,5m2, macht insgesamt eine päd. Nutzfläche von rund 275 m2. Andernorts bezeichnet man solche räumlichen Verhältnisse als luxuriös. Vom päd. Standpunkt (z.B. Raum als Miterzieher) bemerkenswert: es gibt keine Gruppenräume. Aber im Porträt der bestehenden KiTa auf www.hüffenhardt.de wurde die Einrichtung als dreigruppig vorgestellt. Merkwürdig, offenbar sind im Neubau keine Gruppen bzw. offene Gruppen vorgesehen - was eine grundlegenden Wechsel im päd. Ansatz darstellt. Außerdem bedeutet der Umzug auf´s Schulgelände zwangsläufig eine Abkopplung vom kirchlichen Träger – siehe Schulgesetz.

1.1. Die Anlage des Neubaus ist gleich einem übergroßen Satelliten der Grundschule angegliedert, verbunden durch einen Ein/Ausgang bzw. Windfang. Das Erstaunliche dabei: das Außengelände - sprich der Schulhof wird durch die Gebäudeanordnung einfach zerschnitten und die Außenspielfläche für die Grundschüler damit drastisch reduziert. Daraus ergibt sich nicht nur ein päd. nicht ganz einsichtiger Flächenverbrauch, sondern – im Vergleich zu einem An/Ausbau der Schule auch ein Mehraufkommen an Investitionen und Betriebskosten (insb. Energie), außerdem werden in der KiTa etliche m2 Fläche zu nichtpädagogischen Zwecken (Lager, Besprechungs, Büroräume) eingebaut, die eine funktionale Unabhängigkeit der Einrichtung und des Personals sicherstellen – und die beabsichtigten Synergieeffekte nicht nur in der Raumnutzung relativieren.

1.2. Vom päd. Standpunkt ist die Abschneidung / Zerteilung des Schulhofs eine Einschränkung des Bewegungsspielraums aller Kinder und ein Widerspruch zum Anspruch des Konzepts ein (!) Bildungshaus zu etablieren. Real sind es zwei Häuser, die zwar miteinander verbunden werden aber räumlich eigenständig sind bzw. wirken. Eine bauliche Einheit würde dagegen u.a. zu einer erhöhten Identifikation beitragen und die Außenspielfläche nicht so stark reduzieren. Außerdem: In der derzeitigen Planung müssen die Eltern & Kinder in der Bringe - und Abholphase an den Klassenräumen vorbei bzw. über den Schulhof - was angesichts des üblichen Lärmpegels bei diesem Vorgang entweder verpflichtende Bringezeiten für die KiTa-Eltern mit sich bringt oder ein unkalkulierbares Störungspotential in sich birgt. Umgekehrt sind die Pausenzeiten der Grundschule u.U. inkompatibel zu den Schlaf/Ruhezeiten der Krippen/Elementarkinder. Hier entsteht durch die bauliche Anordnung evtl. ein vermeidbarer / überflüssiger Regelungsbedarf.

2. Zum päd >Konzept< u. seiner baulichen Umsetzung

Schon vom päd.-räumlichen Blickpunkten aus ist die vorliegende Planung und die >Konzeption< nicht sonderlich schlüssig, zwar wird einerseits eine zur offenen Betreuungsform gewandelte Pädagogik mit dazu entsprechender innenräumlicher Struktur im Elementarbereich präsentiert, andererseits zeigt sich in der Gesamtansicht (Baupläne) eine wenig gelungene „Verzahnung“ mit dem Altbestand (Grundschule), hier entsteht der Eindruck - als hätte mit dem Neubau der KiTa ein Raumschiff angedockt.

2.1. Es ist nicht nur eine ästhetische Frage, wie die Architekturen der Bauabschnitte optisch zueinander stellen, die gebotene Lösung lässt auch einige funktionale Fragen unbeantwortet und wirkt angesichts zurückgehender Kinderzahlen (1,5 Kinder / Frau in BW) etwas überdimensioniert. Die Verzahnung von KiTa und Grundschule wirkt baulich betrachtet dagegen eher unterdimensioniert, vom pädagogischen und soziokulturellen Standpunkt aus wäre ein multifunktional nutzbares Bildungshaus als bauliche Einheit anzustreben – die vorliegende Planung wirkt dagegen halbherzig und hinterlässt den Geruch – es handle sich beim Vorhaben in erster Linie um ein renommierträchtiges Bauwerk zwecks Einwerbung von Zuzugswilligen jungen Familien.

2.1.1. Raumgreifende Fragen: warum baut man nicht an das Schulgebäude an, oder dieses aus? Und was ist mit dem benachbarten Parkplatz (ist der unantastbar?), was mit evtl. brachliegenden Nachbargrundstücken als Ausweichflächen – z.B. für's arg beschnittene Außengelände?

3. Inhalte des Konzepts

Dieses >Konzept< orientiert sich nach Angaben der Autorinnen an dem Orientierungsplan und dem GS-Bildungsplan (2004) der Landesregierung.(siehe Folie 7)
Hier mal ein Auszug aus dem Orientierungsplan: http://www.km-bw.de/servlet/PB/-s/1ezlbld1bfoto9fycuhakwm3le1twxhn/show/1215793/oplan_bw.pdf
"Zusammenfassend wird das Profil eines "guten" Kindergartens erkennbar und definiert aus dem Vorhandensein und der Verwirklichung: eines gemeinsamen Leitbildes, einer eigenständigen pädagogischen Konzeption, die dem Erziehungs- und Bildungsanspruch aller Kinder des jeweiligen Wohnumfelds in ihren unterschiedlichen Lebenslagen (z. B. Geschlecht, Behinderung, kulturelle Zugehörigkeit, Armut (...) gerecht wird,[...] - Seite 62/63.
Interessierte finden den Bildungsplan hier: http://www.bildung-staerkt-menschen.de/service/downloads/Bildungsplaene/Grundschule/Grundschule_Bildungsplan_Gesamt.pdf
Wenn man sich an diesen Texten orientiert, sollte man die Quellen offen legen und die zentralen Thesen der Schriftstücke als erkennbar / nachvollziehbar auf die Einrichtung bezogen darlegen. Der simple Verweis klingt zumindest etwas lapidar.

3.1. weitere Kritikpunkte
Noch schwieriger wird es, wenn im >Konzept< nicht ansatzweise auf o.g. Wirkfaktoren Wohnumfeld, Lebenslagen, Geschlecht, Behinderung, kulturelle Zugehörigkeit, Armut usw. eingegangen wird - wie dies im Orientierungsplan gefordert wird. Da wirkt das ach so gelobte Konzept dann zwar nah am abstrakten Erziehungsauftrag erfüllt aber praktisch nicht die selbst gestellten Kriterien und gebiert eine gewisse Realitätsferne.
Hinweise wie z.B. auf http://www.km-bw.de/servlet/PB/-s/1ezlbld1bfoto9fycuhakwm3le1twxhn/menu/1075886/index.html wo man zahlreiche Materialien zur Zusammenlegung von KiTa und Grundschule findet fehlen gänzlich, das ist n.m.A. schlicht unredlich. Man braucht sich dann nicht über wuchernde Diskurse zu sog. Bildungshäusern für 3-10 – Jährige wundern, wenn man die inhaltlichen Anknüpfungen bzw. Anschlüsse des Konzeptes an ähnliche Modelle nicht offen legt – niemand kann annehmen, dass die Autorinnen die o.g. Materialien und Konzepte nicht kennen bzw. davon ausgehen und etwas „Einzigartiges“ geschaffen haben...

3.1.1. Das Hüffenhardter >Konzept< lehnt sich aus meiner Sicht nicht nur formal an die Bildungshäuser-Konzeptionen an, gibt aber deren inhaltlich - pädagogischen Ansatz / Ausgangspunkte nicht bzw. nicht real nachvollziehbar weiter und propagiert somit eine hochgestochen-modische, aber letztlich undurchsichtige, win-win-Solution. Eine bildungspolitisch eher unbedarfte Eltern / Bürgerseite wird hier übergangen und fühlt sich u.U. mit einigem Recht desinformiert.

4. Ein paar bildungspolitische Hintergründe:

Im Klartext wird in o.g. Texten / Links die hohe Zurückstellungsquote in BW (Einschulung mit durchschn. 6,75 Jahren) als ein (zurückhaltendes) Verhalten von Eltern interpretiert / problematisiert, die auf dem durchaus nachvollziehbaren Erfahrungswert gründet, dass eine spätere Einschulung bessere schulische Leistungen am Ende der Grundschule – Übergang zur weiterführenden Schule erwarten lässt, weil das Sozial - und Lernverhalten Älterer i.d.R. und auch nachweislich reifer ist als bei jüngeren Kindern...
(Siehe auch die aktuelle Studie hierzu: http://www.km-bw.de/servlet/PB/-s/1ezlbld1bfoto9fycuhakwm3le1twxhn/show/1188110/Abschlussbericht_24-07.pdf)

Und genau hier setzt der laufende landesweite (!) Schulversuch mit dem Bildungshaus – Modell bzw. der Bildungsplan und eben auch das vorliegende päd. Konzept aus Hüffenhardt an, d.h. es geht bei der stilisierten Verzahnung von KiGa und GS vorrangig um die Vorverlegung der Schulreife und damit im Grunde um der GS vorgängige „Empfehlungen“ aus der KiTa-Optik.

5. päd. Perspektiven:

Im Klartext wird die Beobachtung und Dokumentation im KiTa-Betrieb zu einer wichtigen Arbeitsgrundlage der Grundschullehrerinnen, die bereits im Vorwege eine schulgerechte Aufbereitung der Lern – und Erfahrungsfelder des Elementarbereichs anfordern können. Umgekehrt landen die Impulse der TeKi – Arbeit im Grundschulunterricht, aber natürlich nur soweit die Lehrpläne/Lehrkräfte diesen Input überhaupt zulassen. Damit wird die inhaltliche Arbeit im Elementarbereich eben nicht gleichberechtigt ein – sondern an die schulischen Vorgaben angebunden, zumal die Wirkungsmacht des Lehrkörpers ggü. Eltern und Kindern i.d.R. deutlich höher ist als bei KiTa-Erzieherinnnen. Hier wird zudem davon abstrahiert, dass die unterschiedliche Ausbildung und der relevante gesellschaftliche Status des Personals / der Leitungen weniger eine horizontale als vielmehr eine vertikale Aufgaben / Arbeitsteilung erwarten lässt. Damit ist eine Verschulung des KiTabereichs wahrscheinlicher als eine pädagogische Erweiterung des GSbetriebs.

6. Montessori – ja, wirklich?

Dem Eindruck der Verschulung soll durch Rückgriff auf abgestimmte Förderpläne und altersgemischte Gruppen begegnet werden, wobei sich hier über weite Strecken aus dem Fundus der Montessori-Pädagogik bedient wird. Siehe auch:
http://www.montessori-deutschland.de/fileadmin/freigabe/dachverband/PDFs/Mo-Konzept_m_Bildern_B.Stein.pdf
oder etwas ausführlicher
http://www.montessori-deutschland.de/fileadmin/freigabe/dachverband/PDFs/Zum_Profil_der_Montessori-P_daggik.pdf

Letztlich entsteht hieraus ein erweiterter päd. Handlungsraum für Erzieher - und Lehrerinnen, der als eine Art Rundum-Sorglos-Paket für die Eltern - insbesondere die berufstätigen Mütter – daherkommt, in dem aber in Fragen der Einschulung bzw. dem Übergang zurückhaltendes Eltern-Kind-Verhältnis ummodelliert wird. Das steht wiederum im o.g. Kontext der bildungspolitischen Absicht die Bildungsverläufe des Nachwuchses zu verdichten bzw. zu beschleunigen, indem einerseits der Weg zum Beruf/Abitur verkürzt und andererseits der Schuleintritt vorverlegt wird - wodurch der
Eintritt ins Studium oder die Berufsausbildung bis zu zwei Jahre früher angesetzt werden könnte... Mithin wird durch die o.g. Verzahnung die Familien/Beistandsphase der Eltern/Mütter als bislang notwendiges Bindeglied am Übergang zur Schule strukturell überflüssig und diese Zuständigkeit / Kompetenz schrittweise an Professionelle delegiert.

7. Problematische Neubestimmung des Verhältnisses

Elternvorbehalte hinsichtlich der schulischen Entwicklung / Reife ihres Kindes werden (s.o.) ggf. durch individuelle Förderpläne entkräftet - welche letztlich das Eintrittsalter bei möglichst vielen Kindern (s.o.) herabsetzen können / sollen. Zitat aus dem Verzahnungskonzept: "Wir wollen Kindern und Eltern beim Übergang von der TeKi in die Grundschule begleiten, ihren Ängsten und Vorbehalten entgegenwirken, ihnen Sicherheit und Rückhalt geben und die Freude an Schule fördern." (Diese hehre Formulierung ist fast eins zu eins abgeschrieben…)

Das Problem bei diesem Ansatz ist u.a. die strukturelle Aushebelung der Partizipation und Diskussion mit der Elternseite, da - wie auch im vorliegenden Konzept - die päd.-inhaltliche Seite eben nicht demokratisch an diese adressiert bzw. auf allgemeinverständliche Formen runtergebrochen wird - stattdessen soll ein Verweis auf regierungsamtliche Vorgaben / Studien genügen bzw. wird im Vorbeigehen gegeben. Folgt man dem Konzept, sieht es so aus, als würde dies auch in der Praxis zum Regelfall. Diskussion unerwünscht. Geht man den Hinweisen dann nach, trifft man häufig auf Texte die von und für Fachleute produziert wurden. D.h. der aktuelle päd. Diskurs ist hierzulande durchweg in die Bildungspolitik der Länder eingebunden und als solcher zwar für eine Fachöffentlichkeit zugänglich, diese Diskussion hängt aber eine nicht-professionelle Elternseite zusehends ab, was die Zusammenarbeit letztlich ad adsurdum führt und die Familienarbeit – als lediglich ergänzende Bildungsarbeit - zusehends marginalisiert. Diskussion?

8. Verborgene Zielsetzungen

Die Adressaten dieser >Konzeption< sind aus meiner Sicht Familien, in denen die Familienphase (vorrangig der Mütter, Väter fallen hier gar nicht erst auf) zugunsten der Berufstätigkeit auf´s Notwendigste verkürzt werden soll – und in der Tat stellt der Übergang von der KiTa zur Grundschule eine Herausforderung für die Elternseite dar, sowohl zeitlich wie inhaltlich. Das Problem dabei ist, dass die Eltern aus der Begleitung des Nachwuchses bzw. dem Beistand bei den für Bindung / Generationsbezug bedeutsamen Initiations/Umschlagpunkten in der Sozialisation herausgedrängt werden – solches wird künftig durch die Professionellen in ach so modernen Bildungshäusern abgedeckt, womit das familiäre Bezugssystem und damit auch die elterliche Einflussnahme eine weitere deutliche Schwächung erfährt bzw. in eine eher passive Rolle gedrängt wird. Damit entsteht auch die Option, dass der Dialog der Generationen an seinem empfindlichsten Punkt eingeschränkt wird und der Verbund TeKi + GS sich auch hinsichtlich der Schulempfehlungen zur weiterführenden Schule von elterlichen Überlegungen und Kritik abkoppelt. Man darf auch nicht vergessen, dass die Zusammenführung von KiTa und Grundschule eine Konzentration von Fachkompetenzen ist, die in der Gemeinde eine andere Gewichtung erfahren und die bei der Weichenstellung für die Zukunft der Kinder eine entscheidende Rolle spielen. Aus Eltern/Bürgersicht ist es zudem sowieso schon schwierig genug schulische Bildung und ihr Personal zu kritisieren – schließlich sind die eigenen Kinder und deren Zukunft ja von diesen Institutionen / Personen mittelbar abhängig. Im KiTa – Bereich sind dagegen die Einflussmöglichkeiten der Elternschaft noch unmittelbar vorhanden, bei einer Zusammenführung unter Federführung der Schule (wie´s hier aussieht) ist damit Schluss.

9. Zweifelhafte päd. Grundlagen

Bezug: Montessori Pädagogik bzw. der pädagogische Hintergrund der Autorinnen, z.B.
http://www.montessori-deutschland.de/fileadmin/freigabe/dachverband/PDFs/Mo-Konzept_m_Bildern_B.Stein.pdf oder etwas ausführlicher (2) http://www.montessori-deutschland.de/fileadmin/freigabe/dachverband/PDFs/Zum_Profil_der_Montessori-P_dagogik.pdf
haben im Musterländle offenbar – und nicht von ungefähr – Konjunktur:
Wesentliche Elemente der MP: integratives Arbeiten, Freispiel im Wochenplan, Jahrgangs bzw.
Altersmischung der Gruppen, kindgerechte Dimensionierung und Proportionierung der "vorbereiteten" Umgebung / Räume / Einrichtung / Materialien. Orientierung an der körperlich-geistig-psychischen Entwicklung und individuellen Lernbedürfnissen des Kindes, woraus sich
Leitsatz1: "Folge dem Kind, achte auf die Zeichen, die dir seinen Weg zeigen" ergibt - daraus folgt:
Leitsatz 2: "Hilf mir (dem Kind) es selbst zu tun".
Ein Montessori-Kinderhaus (3-6 J.) ist konzeptionell eindeutig als vorschulische Einrichtung angelegt. Darauf folgt die "Schule des Kindes" (6- 12 Jahre), hier steht die vielfältig kritisierte sog. "Kosmische Erziehung" und der sog. "universale Lehrplan" M. im Fokus.

Daran schließt sich bei M. die sog. "Erdkinder - Erfahrungsschule des sozialen Lebens" (12-18 Jahre) an. D.h. im "Erdkinderplan" ist die Schule ein Studien - und Arbeitszentrum als Lern - und Lebensrahmen, indem neben der Arbeit / Lernen die "Moralische Pflege, Leibespflege, Programm und Methoden" ins Zentrum des Interesses gestellt werden. Für alle Phasen gilt: Selbsttätigkeit und Eigenverantwortung des Schülers mit dem Ziel der Persönlichkeitsbildung in sozialer Verantwortung stehen im Mittelpunkt.
Montessori-Schulen sind bei Eltern und Bildungspolitikern zusehends beliebt, denn sie sind:
7. Leistungsschulen, weil Kinder und Jugendliche etwas leisten wollen, wenn man ihnen viel an Anregungen bietet und sie selbstständig arbeiten lässt.
8. Montessori-Schulen halten auf allen Stufen dem Leistungsvergleich mit Regelschulen stand, oft schneiden sie besser ab.
(siehe Link 2).

Im fachpäd. Diskurs steht M. für die Verwissenschaftlichung des Elementar - und Grundbildungsbereichs, spätestens der Sekundarbereich entlehnt / erneuert dann aber viele Elemente aus der Landschulheim & Arbeitsschulbewegung. Und:
Zentrale Bausteine in der Menschenführung und Ausbildung sind Beobachtung und Dokumentation, woraus Förder / Forderpläne entwickelt werden. Im Ursprung war MP für psychisch / geistig erkrankte / zurückgebliebene Kinder, vornehmlich aus der sog. Unterschicht entwickelt worden - nach dem 2ten Weltkrieg haben die leistungsorientierten sog. neuen Mittelschichten die Programmatik und Konsequenz von M. für sich und ihre Bildungsaufstiegsvorhaben entdeckt. Heute schaffen Zukunftsängste und andere Pisa-Effekte in diesem Umfeld ein Ähnliches/Übriges.

Allerdings stehen M-Konzepte bei Erz.Wiss & Psych. einerseits aufgrund ihrer "Didaktisierung", Kognitivierung und Vorstrukturierung des kindlichen Spiels / Lernens in der Kritik, andererseits werden die zeitweilig scharf kritisierten religionspäd. / kosmisch-universalist. Ansätze M. heute eher liberal-rationalisierend umgesetzt, z.B. in Form von Ruhe/Rückzugsräumen oder Spannungs / Entspannungs-Übungen etc. (siehe Räumliches)

In den 20/30er und 60/70er Jahren wurde M.s Ansatz mit einigem Recht als idealistisch und individualistisch kritisiert - heute sind die Kritiker etabliert und schicken ihren Nachwuchs in M.-Einrichtungen, sprich eine akademisch orientierte Klientel favorisiert MP u.a. aufgrund ihrer Kompatibilität zu den Grundanforderungen des formalen Bildungssystems und einer kognitiv recht effizienten Beschulung.

Als "Friedenspädagogik" ist der M.-Ansatz Bestandteil eines gebildeten reformorientierten Horizonts, Versatzstücke davon sind in der Ratgeberliteratur und den Kinderzimmern der sog. Mittelschicht stark verbreitet – es gibt aber auch Stimmen, die diesen Ansatz als „Befriedungspädagogik“ und als tendenziell elitär und strukturell autoritär kritisieren.

Abschließend und zugespitzt formuliert:

Faktisch werden im vorliegenden Konzept und seiner baulichen Umsetzung die schulischen Strukturen zwecks Verdichtung und Vorverlagerung des Schuleintrittsalters erweitert und modernisiert, aber die zentralen Strukturprobleme in der formalen Bildung (z.B. soziale Durchlässigkeit, Partizipation, geschlechtsbezogene Erziehung) werden über - bzw. gar nicht angegangen. Was daran kindbezogen sein soll ist bei allem "innovativem" Anspruch und buntem PR/PPT-Anstrich nicht zu entnehmen.

Die Lebenswirklichkeiten von Kindern tauchen in diesem Modell schon deshalb kaum noch auf, weil Schule und formale Bildung einen immer breiteren Raum in Kinderwelten beansprucht (z.B. Ausweitung der Ganztagsbetreuung/beschulung) und die marginalisierte Rest-Freizeit immer stärker mit (informellen und kommerziellen) Bildungsangeboten überschwemmt wird. Folglich werden die Sozial & Kulturkompetenzen gleichfalls aufschulische Anforderungen bzw. Niveaus und die Teilhabe an Ergänzungsangeboten zentriert.

Hier werden in Gestalt von Bildungshäusern vermeintlich kindgerechte Inseln und Reservate von Sozialtechnikern und Technokraten angelegt, wobei sich das päd. Personal vorsorglich als deren Hilfstruppe andient. In einem solchen Ansatz sind aber der Schwund lokaler und familiärer Bindungen eingebaut, bzw. werden in die Institution implantiert und können in solchen Rundum-Sorglos-Paketen als für die kindliche Entwicklung wohl als entbehrlich betrachtet werden. Hallo? DAS soll kindgerecht / soziokulturell anschlußfähig usw. sein? Nebenbei werden kindliche und elterliche Partizipationschancen entsorgt. Eines ist hinsichtlich des päd. Konzeptes klar: Die hier kaltschnäuzig vereinnahmte Maria Montessori würde sich im Grabe umdrehen.

Letztlich ist dieser Auftritt nicht mehr und nicht weniger als ein weiterer Ausfluss des Mainstreams kreidefressender neoliberaler Bildungsdebatten, das Konzept erscheint mir streckenweise aus einer der umlaufenden Lehrgangs/Seminarmappen abgeschrieben.

Dafür erheischt es (angeblich) den Beifall des Landesjugendamts – aber auch den der betroffenen Eltern und Bürger von Hüffenhardt?
Wirklich?

Grüsse vom rückständigen niedersächsischen Lande ins avantgardistische Musterländle.

Holger (E-Mail)
(Erzieher, vierfacher Vater und u.a. angehender Sozial/Erziehungswissenschaftler)

Hinweis: die Autoren sind gerne bereit am 05. oder 12.03.2008 in der Hüffenhardter Halle über das Konzept zu diskutieren - wenn gewünscht bitte E-Mail an mich! Siehe auch "offener Brief"!

Warum ich den kompletten Namen und die Anschrift der Autoren (noch) nicht veröffentliche beruht darauf, dass beim Thema "Defibrillator" (Dezember 2004 /Januar 2005) durch Herrn ........ eine Hetzkampagne auf DRK-Verbandsebene gegen den damaligen Autor initiiert wurde - Erfahrung lehrt!