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Tätigkeitsbericht

Auszug des Tätigkeitsberichtes des Landesdatenschutzbeauftragten - 28 TB 2007-Seite 80
Quelle: Datenschutz Baden-Württemberg

3. Information des Gemeinderats

In einer Kleinstadt hatte eine Bürgerinitiative Unterschriften für die Durch-
führung einer Bürgerversammlung gesammelt. Ziel war es, eine Mobilfunk-
anlage in einem Wohngebiet zu verhindern. Der Petent, ein Mitglied der
Bürgerinitiative, teilte uns mit, die Unterschriftenlisten seien der Stadtver-
waltung übergeben worden. Diese habe zugesagt, sie unter Verschluss zu
halten. Dennoch sei ein Teil der Unterschriftenlisten allen Mitgliedern des
Gemeinderats als Sitzungsunterlage zugeleitet worden. Der Petent bzw. die
Bürgerinitiative sahen in dieser städtischen Vorgehensweise einen Daten-
schutzverstoß.
Die von unserer Dienststelle um Stellungnahme gebetene Stadt machte gel-
tend, nicht alle Unterschriftenlisten seien Bestandteil der Sitzungsunterlage
für den Gemeinderat gewesen. Vielmehr seien die Gemeinderatsmitglieder
nur über den Text des eigentlichen Antrags sowie über die personenbezoge-
nen Daten der ersten zwölf Unterzeichner informiert worden, die sich auf
demselben DIN-A4-Blatt befunden hätten. Die Stadt begründete diese Vor-
gehensweise damit, sie habe der Gefahr einer Verwechslung mit weiteren
Anträgen in Sachen Mobilfunkanlagen begegnen wollen. Wir haben den
Sachverhalt datenschutzrechtlich wie folgt beurteilt:
Nach §4 Abs.1 LDSG ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur
zulässig, wenn dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt
oder soweit der Betroffene eingewilligt hat. Die Einwilligung der Unter-
zeichner lag offensichtlich nicht vor. Die Weitergabe der personenbezo-
genen Daten der Unterzeichner - neben dem eigentlichen Antragstext in
Sachen Bürgerversammlung/Mobilfunkanlage - wäre deshalb nur zulässig
gewesen, wenn eine Rechtsvorschrift diese erlaubt hätte. Nach der Gemein-
deordnung entscheidet zwar der Gemeinderat über die Zulässigkeit des An-
trags der Bürgerschaft auf Anberaumung einer Bürgerversammlung. Des-
halb war es natürlich nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar geboten, den
Antragstext mit Begründung dem Gemeinderat zur Verfügung zu stellen.
Hinsichtlich der personenbezogenen Daten der Unterzeichner des Antrags
ergibt sich bereits aus dem Text der Gemeindeordnung, dass der Sitzungs-
einladung (nur) die für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen beizu-
fügen sind. Die Beratungsunterlagen müssen den Gemeinderäten ermög-
lichen, sich über die zur Beratung und Entscheidung anstehenden Verhand-
lungsgegenstände zu informieren. Sie sollen den Gemeinderatsmitgliedern
eine sachgerechte Urteilsbildung ermöglichen. Da der Gemeinderat über
solche Anträge ohne Ansehen der unterzeichnenden Personen zu entschei-
den hat, war die Mitteilung der Namen der Unterzeichner an die Gemeinde-
ratsmitglieder nicht geeignet, zu einer sachgerechten Urteilsbildung beizu-
tragen. Jedenfalls war die Weitergabe der personenbezogenen Daten an den
Gemeinderat zu dessen Aufgabenerfüllung nicht erforderlich. Sie war des-
halb datenschutzrechtlich unzulässig. Der Bürgermeister hatte übrigens in
der Sitzungsvorlage bestätigt, dass das erforderliche Quorum erfüllt ist, das
heißt die gesetzlich vorgeschriebene Zahl von wahlberechtigten Bürgern
den Antrag unterzeichnet hat.
Wir haben der Stadt unsere Rechtsauffassung mitgeteilt und sie darauf hin-
gewiesen, dass bei mehreren Anträgen zu demselben Thema Verwechslun-
gen auf andere Weise ausgeschlossen werden können. Außerdem haben wir
die Stadt gebeten, die datenschutzrechtlichen Vorschriften künftig zu be-
achten.